Dienstag, 29. Dezember 2009

Phetchabun

Phetchabun, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz, liegt 350 km nördlich von Bangkok. Von dort ging es ca. 40 km durch den Bezirk Khao Kho, wo Ying in den Bergen neben dem Khao Kho Palace das Quartier besorgt hatte. Vor 25 Jahren wurde das Gebäude für den König errichtet, als er das Volk da selbst besuchte. Mitgefahren sind noch zwei Freunde Poks, die wir auch schon lange kennen. So waren wir zu acht mit dem Fahrer, der sonst mit seinem Van Kinder zu einer französischen Schule in Bangkok befördert und mit dem Schalten in bergigen Gelände überfordert war. Für den Rückweg – Ying wollte noch das Töpferdorf Ban Dan Kwieng bei Korat besuchen – wählte er leider eine Strecke, die wieder über das Gebirge führte, und so verbrachten wir einen großen Teil des gestrigen Tages im Auto.

Die Regenzeit ist lange vorbei und so sahen wir trockenes Land und abgeerntete und z.T. abgebrannte Felder und viel geruhsames Dorfleben. Und sehr entgegenkommende und freundliche Menschen. Auf der Hinfahrt wollten wir an einer Raststätte Pause machen. Doch wir kamen gerade zur Einweihungsfeier. Umsonst wurden uns Getränke serviert und von dem Essen, das nach der Speisung der Mönche übrig war. Auch die Leute, die im Camp am Hang ihre Zelte aufschlugen, kamen ungezwungen auf uns zu. Es gibt noch ein paar Freiluftküchen dort oben und ein Geschäft, das vor allem warme Sachen verkauft. Die „Kinder“ hatten 2 Zelte dabei. Aber ich hatte ein Zimmer für mich allein, denn Deng musste mit Ying schlafen, die aus Angst vor Geistern niemals allein schlafen kann. Die Ausstattung der Räume war einfach und die Matratze hart. Dennoch habe ich gut geschlafen und schöne Träume gehabt, nachdem um 23 Uhr per Gong zur Ruhe gemahnt wurde.

Vor Tagesanbruch waren die Thais, eingehüllt in Winterjacken und mit Pudelmützen, auf den Beinen. Es wurde der Dunst in den Tälern bestaunt und fotografiert und gekocht, gefrühstückt und Zähne geputzt und alle waren gut gelaunt. Die Temperatur in der Nacht betrug 19 Grad und nur kurz wehte ein frischer Wind am Morgen. Auf der Rückfahrt kauften die Frauen an einem Stand billig Gemüse, Obst und besonders Pilze ein. Und am späten Nachmittag wurden Töpferwaren direkt von den herstellenden Familien bei Korat erstanden. Während der langen Reise wurden Späße gemacht, geschlafen oder angehalten um zu essen oder zu rauchen. Ich meditierte über die Sätze: Nichts gehört mir. Und nichts mangelt mir. Insgesamt war es eine interessante und angenehme Fahrt. Vielleicht gehen wir mal wieder campen, nur nicht wieder so weit. Der Khao Yai Nationalpark liegt viel näher. Weitere Bilder von der Reise gibt es hier.





Donnerstag, 24. Dezember 2009

Um Weihnachten

Weihnachten war gestern. Bei Otto. Bei Gänsebraten, Blaukraut und Knödel. Eine liebe Bekannte hatte uns eingeladen. Es hat mir ausgezeichnet geschmeckt, auch das dunkle Bier, der Obstler und der Kaffee dazu. Geschmack, Service und Preise wir in Deutschland.

Ansonsten mache ich mir nicht viel aus Weihnachten. Heute abend werden wir es uns gemütlich machen bei italienischen Antipasti. Tomatensalat mit teurem Mozzarella und Basilikum aus dem Garten und gegrillten Paprika und Auberginen. Die Frauen, also Deng und Poks Freundin Gä, die ja seit 2 Jahren bei uns wohnt, haben den mitgebrachten Plastikchristbaum geschmückt und Lichtergirlanden aufgehängt und ich habe mir einen Christstollen von Balsen mit Rum gekauft. Doch Weihnachten ist für mich schon lange ein heidnischen Fest. Die etablierten Machtchristen haben Christus lieber stumm in der Krippe und tot am Kreuz. Am Abend des 24.Dezember bin ich früher gern im ambulanten Pflegedienst zu den Leuten gefahren und durch die Winterlandschaft und habe da oft gespürt, dass es eine besondere Nacht des Friedens war.

Trotzdem habe ich mit Bangkokern Gemeindemitgliedern eine Busreise zur ältesten und größten katholischen Kirche, nach Chantaburi gemacht. Darüber werde ich noch berichten, ebenso über unsere Ausflüge zu einigen Tempeln und einem Tag in einem weitläufigen Park, der mit einem großen Feuerwerk abschloss. Wir sind viel unterwegs. Am Wochenende werden wir nach Phetchabun fahren. Meine Thais wollen den Morgennebel in den Bergen dort sehen. Auch Silvester werden wir außerhalb Bangkok feiern, mit einigen angereisten Paaren in Chachoengsao.

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Wat Muang

Vorgestern besuchten wir wieder mal das Grab meiner Schwiegermutter im Wat Muang in Bangkhae. Ein Teil ihrer Asche ist dort. Ein anderer wurde ins Meer gestreut und ein Teil befindet sich in ihrem Haus. Zuvor waren wir Chinesisch essen und nahmen etwas von dem Dim Sum und der Peking Ente für sie mit. Wir hängten dazu Blumen an das Häuschen und zündeten Räucherstäbchen an. Als diese abgebrannt waren, gaben wir das Essen den Katzen, die da herum lagen.



Auf dem Gelände des Wats befinden sich auch zwei Schulen. Vor Unterrichtsende bauen die Verkäufer für Getränke und Obst, für Süßes und Gebratenes ihre fahrbaren Stände auf. Und die Schüler in ihren Uniformen stillen ihren Hunger und Durst, bevor sie abgeholt werden, oft zu dritt auf dem Motorrad sitzend.




Unsere Nichte geht auch dort zur Schule. Zusammen fuhren wir dann mit dem Songteo ihres Vaters, mit dem er sonst Passagiere befördert, zum Sanam Luang 2, einem großen Marktgelände im Bezirk Tawee Wattana. Vor allem Pflanzen und Gartenzubehör werden dort verkauft. Heute war auch ein großer Flohmarkt. Ich lies mir aber lieber die Beine massieren, für 99 Baht die Stunde. Immer wieder rührend, wenn die Frau sich entschuldigt, dass sie den Kopf berühren muss, wenn sie zum Schluss Schultern und Rücken massiert. Meine Gattin wünschte sich zu ihrem Geburtstag einen Topf Alpenveilchen. Und gestern kaufte sie sich auf dem Chatuchak eine Narzisse und eine Amaryllis. Als Andenken an Deutschland.



Am Vormittag waren wir noch im Krankenhaus zum Fäden ziehen. Es ist nur ein kleines Stadtteilkrankenhaus, aber mit dem üblichen guten Service. Mit einem Golfwagen wird man zum Parkplatz gefahren und eine kleine Rolltreppe geht in den ersten Stock und eine langbeinige Empfangsdame macht einen Wai zur Begrüßung. Das kostet 50 Baht, meinte Deng im Hinblick auf den Posten „Hospital Service“ auf der Rechnung. Blutdruckmessen ist obligatorisch. Der Arzt erklärte am PC das Ergebnis der Gewebeuntersuchung. Natürlich kein Krebs, sondern eine Art Gefäß-Blutschwamm. Jetzt fällt mir auch ein, von wo es herrühren könnte. Vor einigen Monaten war ich im Garten beim Tragen einer schweren Pflanzschale gestürzt und hatte sofort gesagt: jetzt habe ich mir den Finger gebrochen. Der kleine Finger der linken Hand stand merkwürdig nach hinten ab. Ich bog ihn zurecht und es dauerte einige Wochen, bis die Schwellung und die Schmerzen weg waren. Aber dabei muss ein Blutgefäß gerissen sein, ca. 6 cm unterhalb des Fingers. Es war richtig, die Wucherung wegschneiden zu lassen, und ich denke die Sache ist nun erledigt.
Während die Krankenschwester sehr sorgfältig und völlig schmerzlos die 3 Fäden zog, unterhielten wir uns auf Thai. Es genügt ja, wenn man ein paar Worte sagt und dazu „krap“ am Ende, dass man für die gute Sprachkenntnis gelobt wird.
Weitere Bilder zu diesem Tag gibt es hier.

Montag, 7. Dezember 2009

Dimension Zeit

Die Zeit für diesen Planeten wird knapp. Noch 1109 Tage bis zum 21.Dezember 2012. Dem Tag, an dem der Maya-Kalender endet, an dem eine besondere astronomische Konstellation stattfindet und an dem sich Mythen und Prophezeiungen erfüllen werden. Was wird geschehen? Manche reden von einer Transformation des Bewusstseins, vom Übergang in eine höhere Dimension. Ich verstehe nicht viel von den Dimensionen, aber dass die Auffassung der Zeit sich ändern wird, halte ich für möglich. Ich erlebe es jetzt schon an mir selbst.

Es ist, als ob ich vor einer weißen Wand stehen würde. Nichts drängt mich nach vorne in einen zukünftigen Augenblick. Kein Grund und Bedürfnis, die Matrix einer Zukunft für mich zu erschaffen. Es geht nicht nach vorne, sondern nur nach oben zum Unendlichen und seitwärts zu meinen Mitmenschen. Es ist kein andauernder, aber häufiger und angenehmer Zustand. Hinzu kommen fein empfundene Tagesimpulse wie: Nimm bei Allem (was du siehst, denkst und tust) die Zeit weg! Was bleibt übrig? Werte. Reines Sein. Ursprüngliches Sein. Wenn man im Raum zur Tür geht, kann man sich auf das Gehen konzentrieren statt auf die Absicht. Wir können unsere Gedanken beobachten, wie sie immer auf eine Zukunft zielen, die so noch gar nicht da ist und vielleicht so nie kommen wird. Der weise Rat des Straßenkehrers Beppo in Momo bietet sich an, der statt den langen Weg zu sehen immer nur einen Besenstrich nach dem anderen macht.

Ein anderer Impuls ist: Triff Mich außerhalb der Zeit! Auch unsere Vergangenheit, unsere persönliche Geschichte kann aufhören eine Rolle zu spielen. Wir werden Gott nicht irgendwann einmal begegnen, sondern nur im Jetzt. Ohne dass wir besonders darauf hin arbeiten müssen. Nur bereit sein wie die 10 Jungfrauen. Ich kann auf zwei Menschen verweisen, die die Schranke der Zeit überwunden haben. Der eine ist Eckart Tolle, der sein Erleben im Buch Jetzt! Die Kraft der Gegenwart beschreibt und in vielen Vorträgen und Videos zu sehen ist.

Der andere ist Ramana Maharshi, der sich als Junge vorgestellt hat, er sei tot, und wissen wollte, was übrig bleibt. Erleuchtung findet in dieser Richtung statt.

Mittwoch, 2. Dezember 2009

An der Brücke am Kwai

Gestern haben wir also einen Tagesausflug nach Kanchanaburi zur Brücke am Kwai gemacht. Natürlich losgefahren ohne feste Planung. Pok weigerte sich wie immer, einen Blick auf die Karte zu werfen oder sich im Internet zu informieren. Mitgefahren ist noch eine liebe Verwandte, die wir bei Reisen gern dabei haben. Sie wollte allerdings zuerst noch ein Wat besuchen, das sich in anderer Richtung nahe bei Amphawa befindet. Obwohl sie nicht mehr die jüngste ist, wünscht sie sich ein Kind von ihrem österreichischen Freund, der nächstes Jahr nach Thailand ziehen will. Der Geist in diesem Tempel soll da recht hilfreich sein. Unterwegs noch ein Stopp für ein vorgezogenes Mittagessen und nach langem Beten und Opfern und einigem Herum irren – Pok lässt sich auch nicht dazu herab, jemand nach dem Weg zu fragen – sind wir um halb zwei an der Brücke angekommen.

Zur Zeit findet das River Kwai Festival statt und es sind Tribünen aufgebaut, von denen die Show und das Feuerwerk ab halb acht verfolgt werden können. Wie sahen die Vorbereitungen, als wir mit der kleinen Bahn über die Brücke fuhren. Die Touristen, die sie zu Fuß überqueren, müssen dann in Nischen ausweichen, wenn der Zug langsam rüber und nach kurzer Strecke wieder zurück rumpelt. Ansonsten gibt es außer ein paar halbfertigen Bauten nichts zu sehen. Das Museum haben wir nicht besucht. Dafür den Lieblingsbeschäftigungen der Einheimischen nachgegangen: Essen auf dem Fluss und Shopping in den unzähligen Läden. Angeboten werden neben Kleidung und Souvenirs vor allem Schmuck aus Halbedelsteinen. Deng freut sich über eine Bluse, für die andere Touristen das Doppelte gezahlt haben, und über ein Armband mit glückbringenden Steinen, das ihr die Verwandte geschenkt hat. Am Abend kamen zu den wenigen westlichen Touristen viele aus Asien, wohl aus China und Südkorea hinzu. Aber wir blieben nicht zur Show, sondern fuhren zurück nach Nakhon Pathom, nur um dort auf dem Nachtmarkt an der berühmten Pagode Hoi Thod (siehe: http://www.youtube.com/watch?v=kjDcvOgZa1k) zu essen. Nach Bangkok sind es dann nur noch 55 Kilometer.





Wir werden sicherlich mal wieder hinfahren. Dann aber auch die Höhlen und die Wasserfälle besuchen. Vom Besuch des Tigertempels wird eher abgeraten. Die Thais sagen übrigens River „Kwae“. Kwai, wenn lang ausgesprochen, bedeutet Wasserbüffel und kurz gesprochen ist es der kleine Unterschied.

Montag, 30. November 2009

Im Krankenhaus

Bin soeben operiert worden. Die Wirkung der Narkose hält noch an. Nächste Woche muss ich wieder hin, die Fäden ziehen und mir den Befund geben lassen. Angefangen hat es vor einigen Monaten mit einem kleinen roten Punkt unter der Haut. Als es vor ein paar Wochen aufbrach, blutete es stark. Und dann bildete sich diese Wucherung.

Also fuhren wir zu einer Praxis. Der Arzt meinte, das Ding müsste chirurgisch entfernt werden, und schickte uns zum nächsten Krankenhaus dieser Reihe, also vom Chularat 8 zum Chularat 9 in der King Kaeo Road. Zahlen mussten wir ihm nichts. Überall die gleiche Prozedur, thailändischen Führerschein als Ausweis zeigen, auf die Waage steigen und Blutdruck messen. Aber überall wurden wurde ich schnell und freundlich bedient. Hübsche, junge Krankenschwestern in kurzen Röcken liefen geschäftig umher. Der Arzt dort sagte was von Krebs und dass er die Gewebeprobe zur Untersuchung einschicken werde. Im OP, naja in dem Saal schlief rechts neben mir eine Frau und links lag ein Mann und ein Kind hörte man schreien, aber der Arzt operierte sauber, schnell und schmerzfrei. Nachdem er mir eine Xylocaindosis gespritzt hatte, entfernte er die Wucherung und vernähte die Wunde mit drei Stichen. Ein junger Assistent mit Gelfrisur säuberte die Wunde und legte den Verband an.

Die Rechnung betrug 2.895 Baht, inklusive pathologischer Untersuchung und Schmerz- und Antibiotikatabletten. Hinzu kommen 240 Baht fürs Taxi. Ich werde mir den Betrag von der DKV zurückzahlen lassen. Jetzt hoffe ich, dass keine allzu große Narbe am Handballen zurückbleibt. Morgen wollen wir einen Ausflug nach Kanchanaburi zum River Kwai machen.

Nachtrag: Meine liebe Gattin hatte das mit der Diagnose des Arztes gar nicht so mitbekommen. Den Schrecken und die Sorge um mich erlebte sie erst jetzt. Sie kaufte auf dem Markt Blumen und Räucherstäbchen und ich musste mit ihr zum Schrein des Muban gehen und gemeinsam beten. Sie musste zuvor nachfragen, wieviele Stäbchen jeweils für "Erawan Buddha", also für die Statue Brahmas und wieviele für "Opa und Oma", also die Geister des bebauten Landes anzuzünden sind.

Donnerstag, 26. November 2009

Puri

Puri liegt am Golf von Bengalen und ist mit dem langen Sandstrand ein beliebter Ferienort und zugleich einer der heiligen Orte Indiens. In dem im 7. Jahrhundert erbauten, für Nichthindus nicht zugänglichen Tempel werden die hölzernen Standbilder des Gottes Jagganath, sowie seines Bruders und seines Schwester verehrt. Einmal im Jahr werden die Götterbilder auf meterhohen Wagen an langen Seilen zu einem anderen Tempel und später wieder zurück gezogen. Durch meine Teilnahme an diesem Rathjatra-Fest habe ich wohl die Befreiung aus dem Kreislauf der Wiedergeburt erlangt, abgesehen von meinem Bad im Ganges in Benares und der Umrundung des heiligen Berges Arunachala bei Tiruvannamalai.

Ich kam nach Puri, um im Ashram von Yogananda seinen Kriya-Yoga zu erlernen. Der Eintritt wurde mir jedoch nicht gleich gewährt, sodass ich Unterkunft in einer Herberge suchte. Dort machte ich eine dramatische Erfahrung, über die ich später schreiben werde. Es endete damit, dass ich mir ein Zimmer am Strand nahm und einige Wochen in Puri verweilte. Viel Zeit verbrachte ich lesend und auf meinem Gazellenfell meditierend. Nicht nur die Straßenhunde, die ich von ihren Zecken befreite, sondern auch ein paar Inder wurden meine Freunde. Ich hatte sogar eine kurze Romanze mit einer Inderin, aber es kam nicht zu der von Wahrsagern angekündigten Hochzeit.

Ich nutzte die Zeit, um zu mir selbst zu finden. Ich erkundete die Stadt und machte Ausflüge zu den Sehenswürdigkeiten von Kornak und Bubaneswar. Eine unangenehme Erfahrung machte ich, als ich mit Freunden im Meer badete. Eine Welle erfasste mich und wirbelte mich herum. Danach war nicht nur die Badehose voll Sand, sondern auch meine Brille ein Opfer an den Meeresgott.

Die Leute sprachen von mir und so machte ich die Bekanntschaft eines Susanta Roy aus Kalkutta, der sich für die Wiedergeburt von Vivekanada hielt. Sein Meister war entsprechend im früheren Leben Ramakrishna. Der überzeugte mich nun gar nicht, aber ich nahm die Einladung Susantas an, nach Kalkutta zu kommen. Es entstand eine Freundschaft und ich blieb ein paar Wochen in dieser großen Stadt.


Dienstag, 24. November 2009

Erleuchtung?

Die beste Art und Weise, diesen Blog zu lesen, oder die Art, die mir am liebsten ist, wäre, es in dem Bewusstsein und mit dem Verständnis zu tun, dass hier in dieser Stadt jemand das macht, was weltweit Tausende tun, nämlich an der kommenden Transformation der Welt und der Menschheit zu arbeiten. Inzwischen dürfte sich herumgesprochen haben, dass in den nächsten Jahren oder vielleicht Monaten gewaltige Umwälzungen stattfinden werden. Einerseits Katastrophen und Chaos, andererseits der Aufstieg der Menschen in ein neues Bewusstsein und der Beginn eines goldenen Zeitalters. Ich möchte jetzt nicht weiter darauf eingehen, sondern nur auf die jedem zugänglichen Informationen im Internet hinweisen, wie sie z.B.unter dem Stichwort 2012 zu finden sind.

Ob ich jemals die Erleuchtung erlange, weiß ich nicht. Es geht auch nicht darum, ein Erleuchteter, ein Buddha zu sein. Ich werde hier den Weg, den ich gegangen bin, beschreiben und die Position, an der mich selbst stehen sehe. Vielleicht kann ich damit anderen Suchenden helfen.

Dass es bei meiner Suche nicht allein um mich ging, war mir von Anbeginn klar. Besonders als ich Aurobindo gelesen hatte. In Tokio sagte ich zum Zenmeister Omori Sogen, der mir in vollem Ornat gegenüber saß: Ich suche den neuen Menschen. Sei es selbst!, war seine Antwort. Mein Bestreben war einen Weg zu gehen, bei dem man nicht an einen Meister oder an Riten gebunden ist und bei dem man nicht in einer bestimmten Körperhaltung sitzen muss. Die Wahrheit ist einfach und muss Jedem zu jeder Zeit zugänglich sein. Man kann sich mitten in einem Gespräch nach Innen wenden. Man kann die Anforderungen, die die Familie und die Gesellschaft an einen stellen, weitgehend erfüllen. Abgehobenheit und Fanatismus führen nicht weiter. So werde ich auch weiter aus unserem ganz normalen Leben in Bangkok berichten.

Montag, 23. November 2009

Abflussreiniger

Seit Wochen floss das Wasser in der Küche schlecht ab. Chemische Mittel und ein Sauger brachten auf Dauer keine Abhilfe. Die Verstopfung musste außerhalb des Hauses liegen. Statt nun im Baumarkt eine Spirale zu kaufen, ließen wir den jungen Mann kommen, der erst vor Tagen die Wasserrohre aus blauem Plastik geflickt hatte. Durch das Absenken des Boden war ein Bruch an dem Anschluss zur Pumpe aufgetreten. Der Junge kam sofort und öffnete einen Sickerschacht – es gibt 10 davon – und fischte die Fettbrocken heraus. Diese hatten sich gebildet, da ja nur mit kaltem Wasser abgewaschen wird. Schließlich reinigte er den Schacht und das Rohr durch Ausspritzen mit dem Wasserschlauch. Für seine Mühen nahm er statt den angebotenen 200 Baht nur 100.
Es ist also billiger, jemand kommen und die Arbeit machen zu lassen, als Werkzeug zu kaufen, das eh nur herumliegt und verrostet, zumal es keinen Keller, keinen Dachboden und keine Garage gibt. Gute Handwerker werden da als Geheimtip behandelt.

Freitag, 20. November 2009

90 Tage Meldung

Heute mussten wir unsere 90 Tage Meldung auf dem Immigration Büro machen. Da wir knapp außerhalb der Grenze Bangkoks in der Provinz Samut Prakan wohnen, müssen wir statt quer durch die Stadt in den Süden ans Meer fahren, 80 km hin und zurück. Das Office ist ein kleines Büro neben einer Zollbehörde und wie so oft waren Pumpen im Einsatz, um das überflutende Meerwasser zurück zu drängen. Große Frachtschiffe fahren wenige Meter entfernt vorbei und werden zollamtlich abgefertigt. Die freundliche Beamtin benötigte nur Minuten, um die Zettel mit dem nächst fälligen Datum in die Pässe zu heften. Sie machte darauf aufmerksam, dass die Visa bald ablaufen und schrieb auch handschriftlich dazu, dass die Meldung unter keinen Umständen die Verlängerung ersetzt. In vier Wochen werden wir wieder antreten müssen.

Dienstag, 17. November 2009

Quer durch Indien

Heutzutage kann man im Internet über manche Menschen nachlesen, denen ich in Indien und Japan begegnet bin, und sie in Videos betrachten. Die Mutter verstarb noch während meines Aufenthaltes, Sai Baba wird immer noch für einen menschgewordenen Gott gehalten, obwohl es auch kritische Stimmen gibt, und Yogi Ramsuratkumar, mit dem ich auf den Straßen vor dem Tempel saß, hat viele Anhänger gefunden, die für ihn einen Ashram bauten. Wir hatten ein inniges Verhältnis und ich suchte ihn zwei Jahre später wieder auf. Dennoch konnte ich mich an keinen Menschen binden.

Der Meditationslehrer Goenka aus Burma sprach vor den Vereinten Nationen und seine Vipassana-Meditation wird in der ganzen Welt gelehrt. Ich machte diesen intensiven Kurs bei ihm im April 1973 in Madras. Zehn Tage schweigend und einfach lebend und lange sitzend. Mir wurde bewusst, wie anstrengend der Weg sein kann. Dort und unterwegs traf ich viele Suchende und es wurden Informationen und Tipps ausgetauscht. Statt über Handy erfolgten Anmeldungen und Bitten um Aufnahme damals auf dem Postweg.




Von Madras fuhr ich nach Nagpur zu Pater Julius Moser. Ich hatte ihn bei meinem ersten Aufenthalt als väterlichen Freund kennen gelernt. Die anderen Pallotiner sahen auf hin herab, da er eine Inderin geheiratet hatte. Mit Erlaubnis des Papstes, wie er sagte. Ich ließ meine Sachen bei ihm und reiste mit leichtem Gepäck und in indischer Kleidung weiter nach Puri. Nach einem Zwischenstopp auf der Missionsstation in Malkaroda gelangte ich nach Puri. An vielen Orten Indiens hatte ich seltsame bis bizarre Erlebnisse, doch besonders in Puri. Über all diese Erlebnisse werde ich später gesondert schreiben.

Donnerstag, 5. November 2009

Loy Krathong





Alles hat ein Ende! Das ist mein heutiger Tagesimpuls. Sozusagen die empfangene Lektion für den Tag. Der Gedanke hat nichts Bedrohliches oder Negatives, eher etwas Befreiendes und Reinigendes. Wir meinen, unsere Tage würden nie enden und die Welt wäre dauerhaft und real. Alles hat ein Ende. Auch unser Suchen und Leiden. Es geht immer ums Loslassen und Abschiednehmen.

Es ist etwas kühler geworden. Bei 24 Grad am Morgen fängt man an zu frösteln. Wenigstens kann man nachts besser schlafen und an der Kühlung sparen. Wir waren in den letzten Tagen viel unterwegs, auf Einkaufstour, beim Schwager in Bangkhae und gestern wieder auf dem Chatuchak. Und abends bin ich dann zu müde um zu schreiben.

Am Montagabend gingen wir zur Loy Krathong – Feier, die wie jedes Jahr am See des Muban abgehalten wurde. Die Wiese und das Ufer waren vorbereitet und Essensstände aufgebaut und sogar ein Toilettenwagen war aufgestellt. Jeder Haushalt erhielt seine Krathongs, die dann mit brennenden Kerzen und Räucherstäbchen und Gebeten in den See gelassen wurden. Die Bewohner saßen und speisten auf den aufgelegten Matten und überlaut lief dazu immer die gleiche Musik. Manche Kinder trugen traditionelle Kostüme. Viele hatten ihre Hunde dabei, fast alle klein und flauschig. Obwohl die ganze Nacht Feuerwerkskörper zu hören waren, hatte ich den Eindruck, dass wie in ganz Bangkok dieses Jahr stiller und weniger aufwendig gefeiert wurde.

Wir ließen unseren Krathong zu Wasser und machten nur eine Runde über das Gelände. Die Gutscheine für Essen, Eis und Getränke lösten wir nicht ein. Wir sprachen kurz mit der Nachbaroma, die lange im Krankenhaus gewesen war, und trafen den Australier und seine Frau wieder, die wir seit der Neujahrsspeisung der Mönche nicht mehr gesehen hatten. Vielleicht kommen wir diesmal dazu, den gegenseitig ausgesprochenen Einladungen zu folgen.

Ich hatte noch längeren Blickkontakt mit einer schönen jungen Frau, die ich auch freundlich grüßte. In den ersten Jahren unserer Ehe hätte meine liebe Gattin Feuer und Galle gespuckt. Doch nun ist keine Eifersucht mehr da und sie hat sich daran gewöhnt, dass ich fremden Menschen zulächle und diese zurück lächeln.

Sonntag, 1. November 2009

Ausblick

Ich möchte mal einen kurzen Ausblick auf den Blog geben. Irgendwann werde ich beschreiben, wo ich mich stehen sehe. Welches Ergebnis ich aus der jahrelangen Suche, den Gesprächen und Begegnungen, dem Lesen und Meditieren aufweisen kann. Was haben mir die Zeit in Indien und Japan gebracht, die Beschäftigung mit und in vielen Glaubensrichtungen und zuletzt die beiden Jahre hier in Bangkok? Doch ich sage schon jetzt und werde es wiederholen: es sind persönliche Erfahrungen und Erkenntnisse und ich mache kein Dogma daraus. Wie überhaupt religiöses Leben nur individuell sein kann und niemand daraus Wahrheiten für anderen machen sollte. Religion gehört nicht in die Hände von Priestern.

Zunächst werde ich also meine Reise durch Indien schildern, sowie einige seltsame Erlebnisse dort selbst, und ein Resümee ziehen. Dann die weiteren Wege und Gemeinschaften beschreiben und auf Bücher und scheinbar zufällige Ereignisse eingehen. Ist das das Höchste, was ich bekommen kann, fragte ich mich immer dabei. Was ist die Essenz, wenn ich das rituelle und allzu menschliche Beiwerk weglasse? Ich stellte immer für mich Grundsätze auf, schon zur Schulzeit, zum Beispiel: Wenn Gott nicht in dieser Pfütze sein kann, dann ist es nicht Gott! Wenn Gott existiert, dann muss er erfahrbar sein, in diesem Leben! Die Erfahrungen, die Jesus oder Buddha machten, muss jeder Mensch machen können!

Daneben werde ich immer wieder über unser Leben in Bangkok schreiben und auch auf Land und Leute eingehen. Vielleicht findet es mancher Leser ja interessant oder sogar nützlich. Es wäre schön gewesen, wenn Jesus und Buddha einen Blog gehabt hätten.
So sah ich übrigens in Indien aus:

Freitag, 30. Oktober 2009

Chatuchak-Markt





Gestern waren wir wieder auf dem Chatuchak
-Markt. Am Wochenende werden hier hauptsächlich für Touristen viele Dinge angeboten, von Kleidung über Kunstgegenstände bis hin zu Tieren. Mittwochs und donnerstags aber ist großer Pflanzenmarkt. Die Händler kommen meist mit Familie und schlafen an Ort und Stelle, in Hängematten oder auf dem Boden. Von großen Bäumen bis zu kleinen Wildorchideen, von Palmen bis zu Farn und Moos kann man Pflanzen, Gartenmöbel, Kleinkunst und Arbeitsgeräte kaufen. Dazu werden natürlich Essen und Getränke, Kleider und Massagen angeboten. Deng geht nie heim ohne Kakteen gekauft zu haben, die sie dann in ihre unzähligen Minitöpfe umsetzt. Die Verkäufer kennen sie und wir genießen die freundliche Atmosphäre. Mit dem Bus fahren wir vom Bus Terminal am Flughafen, wo uns Pok auf dem Weg zur Arbeit hinbringt, bis zum Markt ca. 1,5 Stunden.
Weitere Bilder gibt es hier.




Dienstag, 27. Oktober 2009

Durch Indien

Durch Indien

In Pondicherry fand ich zu mir selbst. Ich mietete ein Zimmer, erkundete die Stadt, saß lange am Meer. Um in den Ashram aufgenommen zu werden, musste ich einen Brief an Die Mutter schreiben. Es kam anders. Ich zitiere aus meinem Brief nach hause:

„In ein paar Tagen werde ich Pondicherry wieder verlassen. Es ist ein sehr schöner und interessanter Ort und es kommen viele Menschen aus der ganzen Welt hierher, doch ich fand hier nicht, was ich suche, nämlich einen Guru. Ich bekam eine Adresse von einem guten Ashram in Kerala, der sehr schön in den Bergen liegen soll. Dorthin werde ich gehen. Ich glaube, niemand folgt hier wirklich dem Beispiel Aurobindos. Niemand lehrt hier Yoga. Jeder ist auf sich selbst gestellt. Doch allein und nur mit den Büchern Aurobindos und der Mutter kann man nicht Yoga betreiben. Sie haben hier sehr schöne Fabriken für hand-gemachtes Papier, Webereien, Tuchfabriken, Fabriken für Holz- und Metallarbeiten. Doch es ist nur ein Geschäft. Die armen Leute aus den Dörfern werden ausgebeutet. Es sind hier reiche Hindus aus dem Norden, die versuchen, die Gäste und Besucher auszubeuten. Es wurde hier eine Stadt gebaut, Auroville, die ein Beispiel für menschliche Einheit und Streben nach Vollkommenheit sein soll. Es sind viele Amerikaner, Franzosen, Kanadier, Deutsche, Australier und auch Tibeter hier, doch sie bleiben sich fremd und Auroville wird ein Dorf für reiche Snobs. Doch ich will Pondy nicht weiter schlecht machen. Ich hoffe, dass ich eines Tages hierher zurückkommen und retten kann, was noch zu retten ist. Auf die Antwort der Mutter werde ich nicht mehr lange warten.“


Es begann eine fast einjährige Reise durch das Land. In Pondicherry war ich gemeldet und ich musste regelmäßig Reiseberichte dorthin schicken. Ich hatte von Sai Baba erfahren und fuhr über Bangalore nach Whitefield, wo er sich um diese Zeit aufhielt. Er machte aber keinen Eindruck auf mich. Dafür traf ich zwei nette deutsche Mädchen, Ute und Ilse, mit denen ich an die Westküste trampte, über Mysore und Mangalore zum Ashram von Swami Ramdas. Es war eine traumhafte Reise. Wir sahen den vergangenen Reichtum der Maharadschas in Mysore, fuhren im Bus die kurvenreiche Strecke über die Berge, wo viele Tibeter angesiedelt waren und badeten im Meer. Die Tage im Anandashram waren voller Harmonie und Spiritualität. Wir mussten uns trennen, aber in Deutschland sahen wir uns wieder und zwei Jahre später trafen wir uns in Tiruvannamalai. An diesem heiligen Ort waren die Mädchen zuvor Yogi Ramsuratkumar begegnet. Das war meine nächste Station. Einige Tage verbrachten ich nochmals in Whitefield. Meine Kleidung bestand von da an als Zeichen, dass ich der Welt entsagt hatte, aus einem Lendenschurz und zwei gelben Tüchern um die Hüfte und die Schultern. Erst später wurde ich von anderen Sanyassins darauf aufmerksam gemacht, dass ich dazu eine Einweihung benötige.

Obwohl Yogi Ramsuratkumar nicht lehrte, waren seine kraftvolle Gegenwart, sein Lachen und seine Gesänge erhebend. Der heilige Berg Arunachala, der magische Tempel, der Ashram Ramana Maharshis, die vielen Saddhus und die Besucher aus aller Welt machten die Tage zu einem Erlebnis, das mich einige Monate später wieder hierher führte.

Freitag, 23. Oktober 2009

In Indien

Wenn ich mich jetzt nicht hinsetze und weiter über meine Zeit in Indien schreibe, kann es sein, dass ich vorher die Erleuchtung erlange und dann noch weniger Interesse an meiner Vergangenheit habe. Denn obwohl ich nicht danach strebe, arbeite ich weiter an der Erleuchtung. Eigentlich ist es umgekehrt. Es gibt nichts zu erlangen und unser wahres Selbst arbeitet daran, sich von der Bürde und der Umhüllung des Menschen zu befreien.

Ich flog also im Januar 1973 über Amsterdam mit einem One-way-ticket der Air India nach New Delhi. Zuvor hatte ich eine Abschiedstour bei Verwandten gemacht. Meinem Vater brach fast das Herz. Doch für mich ging es um Leben oder Tod.

Außer den drei Stätten, an denen die indischen Weisen gelebt hatten, von denen ich gelesen hatte, also Pondicherry, Puri und Dakshinesvar, hatte ich noch einen Anlaufpunkt. Meine Oma hatte die Ausbildung eines Priesters bezahlt und der schickte eine Ordenschwester, um mich in Empfang zu nehmen. Sr. George war eine liebenswürdige kleine Inderin und mit ihr besuchte ich die Sehenswürdigkeiten der Hauptstadt wie das Red Fort und die Begräbnisstätte Mahatma Gandhis. Schlafen konnte ich in den Räumen der indischen Bischofskonferenz. Mit meinem Schulenglisch verstand ich zwar das Meiste, aber es fiel mir schwer, mich auszudrücken. Da ich aber dazu gezwungen war, änderte dies sich rasch.

Vom wirklichen Leben hatte ich im Internat nichts gesehen. Nun erschrak ich über die Armut, über die Menschen, die sich in der kalten Nacht am offenen Feuer wärmten, über die Leprakranken, die ihre Glieder bettelnd hinstreckten. Auf der Zugfahrt zu dem Priester trank ich zögernd erdfarbenen Tee aus roten Teeschalen, die einfach weggeworfen wurden, und hörte dem blinden Sänger zu, der mit seinem Stock den Takt zu dem uralten Lied stampfte. Ich lernte das Leben kennen und den Tod. Sah viele Feuer an der Verbrennungsstätten. War dabei, als der Inhaber des Teelokals an seinem Todestag verbrannt wurde. Und am nächsten Tag stand der Sohn an seiner Stelle.

So fremd und abenteuerlich die ersten Tage auch waren, mir wurde geholfen. Nach 32 Stunden Zugfahrt und 20 km auf dem Motorrad kam ich auf der Missionsstation in Malkaroda bei Pater Puthenkandam an. Dort fand eine Einweihungsfeier für das neue Krankenhaus statt, zu der viele Ordensleute und ein deutscher Bischof zusammen kamen, und die mich weiterreichten zu Patres in Nagpur, wo ich den Zug nach Pondicherry bestieg. Ich habe kein Tagebuch geführt, aber zum Glück sind die Briefe erhalten geblieben, die ich nach hause schrieb. Darin klagte ich anfangs über den Staub, den Schmutz und die Moskitostiche, doch in naiver Weise war ich glücklich und voller Hoffnung.

Samstag, 17. Oktober 2009

Wie wir leben, Teil 2

Meine Frau Deng lebte 32 Jahre in Deutschland und wenn sie sagt, in unserer Heimat war alles besser, dann meint sie dieses Land. Hier sieht sie vieles kritisch. Alles Gelump in Thailand, sagt sie, wenn mal wieder ein Kleidungsstück, ein Werkzeug oder ein Gerät kaputt geht. Sie schimpft über die steigenden Preise für Lebensmittel oder wenn sie für ihre Pflanzen in einem Geschäft mehr bezahlen sollte, als im anderen. Alles Gauner! Thai Leute haben nix im Gehirn! Reden nur über Belanglosigkeiten, denken nicht an die Folgen, übernehmen keine Verantwortung, sehen keinen Schmutz, lassen alles herunterkommen, können beim Essen nicht normal sitzen und spucken auf die Straße. Sie leidet darunter, nicht wie gewohnt aussprechen zu können, was sie denkt, und dass die Anderen nicht sagen, was sie wirklich beabsichtigen. „Das ist gut für Thai Leute, aber nicht für mich!“, sagt sie, wenn sie über den Markt geht. Das Thaiessen bekommt ihr oft nicht und während sie sich früher über meine Vorliebe für japanisches Essen mokierte, bezeichnet sie dieses nun als das einzig ihr bekömmliche. Da kann sie sich richtig satt essen. Dabei wiegt sie weniger als zuvor. Nur ich werde immer dicker.

„Ich versteh´ kein Wort.“, meint sie, wenn ich sie bitte, mir die Nachrichten zu übersetzen. In vielen Dingen des öffentlichen Lebens ist sie unsicher. Es hat eine Weile gedauert, bis wir Bus und Minibus benutzen konnten. Jetzt ist stolz darauf und fährt gerne damit. Sie beklagt, dass alles schnell schimmelt und rostet, dass Lebensmittel schnell verderben und dass die Erde nicht gut ist, wenn ihre Pflanzen eingehen. Denn damit beschäftigt sie sich von früh bis spät, mit ihrem Garten. Da empfindet sie weder Müdigkeit noch Hunger. Zwischendurch kocht sie mir was zu essen oder trinkt einen Kaffee, den ich ihr bringe, aber sie hat keine Zeit, um in Ruhe eine zu rauchen. „Ich kann nicht sitzen.“ Die irgendwo im Boden steckenden Kippen sammle ich dann ein. Sie schneidet am Boden hockend mit der Schere das Gras, pflanzt laufend um, vermehrt die in über 200 Minitöpfen wachsenden Kakteen, stutzt Bäume, Sträucher und den Bambus, kümmert sich um die Bonsais und beklebt Steine mit Moos. In den Bäumen hängen unzählige Gefäße mit Efeu und Farnen, sowie wilde Miniorchideen auf Holzteilen, am Boden stehen Töpfe und Schalen in den verschiedensten Größen mit Orchideen und Kakteen und Minibäumchen, dazu bepflanzte Steine und Wurzeln und eine Vielzahl von Tonfiguren. All das muss natürlich gegossen, besprüht und gepflegt werden. Sie freut sich ungemein, wenn ihr Garten von Nachbarn und Passanten bewundert und gelobt wird. In der Tat finden ihn sogar Kinder schön. Oder ein Auto fährt vorbei und rückwärts zurück und die Beifahrerin sagt zu mir: „Your house is very nice.“

Deng hat die Gabe, dass sie mit allen Menschen gleich welchen Standes kommunizieren kann, und die Leute sprechen gern mit ihr. Sie redet mit Nachbarn, burmesischen Arbeiterinnen und Marktfrauen, mit Kindern und Alten in der selben Weise und wo sie einmal war, wird sie herzlich wieder begrüßt. Einmal wurden wir auf einem Tempelfest von einer Frau freudig angesprochen. Wir konnten uns aber nicht an das pockennarbige Gesicht erinnern. Dann fiel uns ein, dass es unsere Straßenkehrern sein muss, von der wir immer nur die Augen gesehen hatten, da sie ja nur diese unbedeckt lässt, wie die meisten Frauen, die im Freien arbeiten. Die frühere hatte von uns 500 Baht geliehen, bevor sie am nächsten Tag versetzt wurde. In Deutschland wurde Deng von den Thais ältere Schwester genannt, hier ist sie meist die Tante, was ihr nicht so gefällt. Nur Poks Freunde nennen sie Mutter. Die kommen gern zu uns und lassen sich deutsch bekochen, d.h. Cordon Bleu mit Spagetti und Lasagne. Und wir fahren mit der Clique zum Tambun nach Korat oder Ratchaburi.

Sonst trägt sie kein Geld ins Wat. Die haben genug! Oder: So ein Theater! Lieber gibt sie spontan, wo Hilfe direkt ankommt, so mal als sich 4 Jungs in einem Food Center einen Teller Reis teilten. Sie hat eine Abneigung gegen Scheinheiligkeit und übertriebene Frömmigkeit. Ihre Religiosität ist natürlich und liberal. „Jesus ist auch Gott!“ Zu Beginn unserer Ehe gehörten sonntägliche Kirchgänge mit den Eltern zum Alltag und sie begleitete mich zu Veranstaltungen der Urchristen. Ich kann mit ihr auch über meine geistigen Erfahrungen sprechen. Mit unserem Gemisch aus Deutsch, Thai und Englisch versuche ich meine Gedanken zu umschreiben, aber sie versteht mich auch so gut. Zu gut, denn sie kennt mich und hält mir gleich den Spiegel vor und verweist auf meine mangelnde Umsetzung.

Und ich kenne sie und bin ihr deshalb auch nicht böse, wenn sie mal wieder anschnauzt. „Wenn der Krieg kommt, bist Du der Erste, der verhungert!“ schimpft sie, wenn sie meint, ich warte zu ungeduldig auf das Essen. Oft bin ich der Sündenbock, wenn sie sich über jemand oder etwas ärgert. Sie ist Schütze und eben gleich auf hundert. Wir lösen das dann meist schnell in Humor auf. Nur zweimal schwiegen wir uns einen Abend lang an. Auslöser waren lediglich schnippische Antworten. Beide male im Abstand von einem Jahr waren wir dabei mit dem gleichen, befreundeten Ehepaar unterwegs und hatten so Gesprächspartner. Doch sonst freuen wir uns über die gleichen Dinge, teilen die gleichen Ansichten und denken oft zur gleichen Zeit dasselbe.

Mittwoch, 14. Oktober 2009

Vor Indien

In der 2.Klasse Grundschule lies mich der alte Lehrer gern zu sich kommen und stellte mir vor allen Mitschülern die Frage, was ich einmal werden möchte. Ich tat ihm dann den Gefallen und sagte: Pfarrer. Das war nie so richtig meine Absicht, aber ich entschied mich bewusst für das Internat und das Gymnasium, welches von den Salesianern geleitet wurde. Als Elfjähriger verspürte ich in dieser Barockkirche inmitten der Engelsfiguren so etwas wie einen Ruf. Dabei faszinierten mit eher fremde Religionen wie der kalte, strenge Katholizismus. Aus den Büchern Karl Mays schrieb ich die islamischen Sprachwendungen heraus und ich konnte die Unterschiede in den Riten der verschiedenen koptischen Kirchen aufzählen.

Neun Jahre verbrachte ich hinter Klostermauern, unter lauter Knaben und Padres. Ein reglementiertes Leben abseits der Außenwelt. Regelmäßige Kirchgänge, in den ersten Jahren mehrmals täglich, und wenig Privatsphäre. In der Erinnerung blieben öde und einsame Wochenenden. Ich war ein durchschnittlicher, ruhiger, aber nicht immer angepasster Schüler. Ich fühlte die Flowerpower der Hippies und kleidete mich entsprechend, war gegen den Vietnamkrieg und verehrte Che Guevara. Ich war unter den ersten, die lange Haare und Bärte trugen und heimlich Pfeife rauchten. Ein Ausbruchsversuch nach 7 Jahren, bei dem ich in ein Heim nach Bamberg wechseln wollte, wurde vom Direktor verhindert.

Ich engagierte mich in der Schülermitverwaltung und im politischen Arbeitskreis. Den weiteren Besuch von Versammlungen der Kommunistischen Partei in der Kreisstadt verbot die Heimleitung. Auch sonst gab es manche Konflikte. Als ich einmal die Frage nach dem Warum einer Anordnung stellte, schrie mich der Pater an: „Weil ich dein Vorgesetzter bin!“ Bei einem der jährlichen Bundesjungendspiele trat ich nicht zum Schwimmen an. Als der Schulleiter mich stellte, entschuldigte ich mich mit Unpässlichkeit und sagte dazu: „Und im Übrigen geht mir das Ganze gegen den Strich.“ - „Du gehst uns auch gegen den Strich!“ rief er, nachdem er die Fassung wieder erlangt hatte. Dafür bekam ich eine 4 für Sport ins Reifezeugnis.

Aber ich las nicht nur revolutionäre Bücher, sondern auch philosophische und religiöse. Es war eine Zeit des Aufbruchs und der Neuerungen in der Gesellschaft (die 68er) und in der Kirche (Konzil). Doch die Antworten der Kirche genügten mir nicht. Formeln wie „Geheimnis Gottes“, „Erlösung am Kreuz“ und „Der Herr hat´s gegeben, der Herr hat´s genommen.“ stießen mich ab. Ich sah, wie die Padres Barmherzigkeit predigten und Gewalt ausübten. Ich zog mich zurück. In einem Raum hinter der Orgel zündete ich öfters Räucherkerzen an und betete darum, dass Gott sich mich offenbarte.

In der Kreisstadt durfte ich einen Yoga-Kurs machen und ich begann über Hinduismus zu lesen. Das Leben und die Gotteserfahrungen von Aurobindo, Ramakrishna und Yogananda faszinierten mich und der Glaube an die Wiedergeburt und dass Atman eins ist mit Brahman erschienen mir einleuchtend. Mehrmals besuchte ich in Winterthur das Divine Light Zentrum um Swami Omkarananda. Als ich den Fernsehfilm sah „Die Reise nach Kathmandu“, stand mein Entschluss fest. Ich wollte zum Mittelpunkt der Erde, nach Indien. Bevor ich irgendeinen Beruf ergreife oder anfange zu studieren, musste ich zuerst den Sinn des Lebens finden. Ich war bereit, alles hinter mir zu lassen und bei einem Meister im indischen Dschungel zu leben.



Abiturklasse 1972

Sonntag, 11. Oktober 2009

Ausflug zum Khao Yai

Gestern machten wir einen Tagesausflug zum Khao Yai National Park, einer bergigen Landschaft, 200 km nordöstlich von Bangkok. Unnötigerweise sind wir schon um 4 Uhr losgefahren. Aber so konnte ich beobachten, wie Leute ihre Garküchen wegräumten, die sie am Abend zuvor am Straßenrand hingestellt hatten. Dafür haben andere ihre Stände und Feuerstellen aufgebaut. Wir kauften für 10 Baht eine Tüte mit so einer Art Berliner, die gern zum Kaffee gegessen werden. An einer Tankstelle stand ein Mönch vor dem 7/11, der allgegenwärtigen Ladenkette, die meist 24 Stunden offen hat. Ich nahm die Gelegenheit wahr, etwas Essbares in seine Schale zu legen. Bangkok schläft nie.

Drei Stunden später waren wir am Nationalpark. 5O Baht Eintritt für das Auto und 20 pro Person. Mit Führerschein zahlte ich wieder den Preis für Thais. Letztes Mal begegneten wir einem wilden Elefanten. Diesmal sahen wir nur einige Dunghaufen auf der sich hoch windenden Straße. Auch die Affen hörten wir nur. Von den Rehen sahen wir lediglich zwei. Es soll auch Tiger und Bären und Bergziegen hier geben. Man kann in Zelten auf Campingplätzen übernachten und an Führungen zur Wildbeobachtung, besonders der vielen Vogelarten, teilnehmen. Es gibt ein paar Wasserfälle. Zu einem sind wir hinabgestiegen.







Das ganze Umland ist voll mit Ferienanlagen und Restaurants. Bei Thais bekannt ist das Ban Swiss. Im Innern befindet sich allerdings ein italienisches Restaurant, ein Café und ein Souvenirladen. Die 55 Baht Eintritt kann man im Café oder in Eiscreme anlegen. Da die Menükarte nicht ansprechend und nicht billig war, haben wir in einem Molkereirestaurant zu Mittag gegessen. Ich hatte ein Art Rindsgulasch mit Apfelweinsosse und Pita und dazu ein dunkles Paulaner Weißbier. Ich bin also kein Vegetarier und trinke auch Alkohol.

Da es erst Zwölf war, beschlossen wir weiter nach Nakhon Ratchasima zu fahren. Bevor wir uns in einem Einkaufszentrum dort, in The Mall, umsahen, besuchten wir eine neue Tempelanlage außerhalb der Stadt, in der Nationalhelden verehrt werden, und kauften im Töpferdorf Dan Kwian zwei bemalte Wasserkrüge mit Deckel. Wieder Teile für den Garten, aber mir gefallen diese Oongs. An allen Orten war ich schon öfters, nicht zuletzt weil ein Freund aus unserer Heimat ein Haus dort gebaut hat. Zu Abend aßen wir chinesisch in unserer Straße. 700 km waren wir gefahren und recht müde. Die langen Fahrtzeiten nütze ich immer, um zu meditieren. Diesmal taten sich neue Türen auf. Doch darüber werde ich später schreiben.

Dienstag, 6. Oktober 2009

Wo wir leben, Teil 3

Die Häuser weisen zwar ein paar bauliche Sünden auf wie Fenster, die nicht zu öffnen sind, oder kleine Balkone, die nicht begehbar sind, und der Boden drumherum hat sich auch einige Zentimeter abgesenkt, aber die handwerkliche Ausführung ist nicht schlecht. Die Maurer und Maler und die anderen Handwerker sind übrigens junge Burmesen, die ein Haus nach dem anderen hochziehen und am Rande des Muban kampieren. Die Verwaltung wird gerufen, wenn was kaputt geht und sie kümmert sich darum, dass gegen Moskitos und Ameisen gesprüht wird. Es gibt schriftliche Mitteilungen über solche Vorhaben oder wenn Festlichkeiten stattfinden oder wann der Strom abgestellt werden muss.

Ab 17 Uhr, wenn es nicht mehr so heiß ist, fahren die Leute mit ihren Kindern auf Fahrrädern herum und besichtigen die Nachbarschaft. Einige joggen und führen ihre Hunde spazieren. Nachts hört man neben Grillen und Zikaden und manchmal Fröschen nur selten einen Hund oder ein aufsteigendes Flugzeug. Der Flugplatz ist lediglich 10 Minuten entfernt, doch das Muban liegt abseits der Flugschneise. Laut ist bisweilen der Motor eines Bootes auf dem Khlong, dem vorbei fließenden Wasserweg, und das Singen der Mönche im Wat, dem angrenzenden Tempel, um 4.15 Uhr. Am Wochenende ist etwas mehr los. Da werden die Autos gewaschen oder der Rasen gemäht. Eigentlich werden in der Regel ein paar Gärtner damit beauftragt.



Ich kenne die Namen unserer Nachbarn nicht und werde selbst nur Mister oder Lung, Onkel genannt. Wir verwenden Umschreibungen. Da ist „Exercise“ mit seinem Hündchen und seiner neugierigen, indonesischen Frau, weil er immer fragt: „Did you exercise today?“. Uns gegenüber wohnt Wiwi, ein Bankangestellter, benannt nach dem Ton seines Autos beim Auf- und Abschließen. Seine drei Kinder, von denen der Jüngste meist bei den Großeltern lebt, grüßen immer ganz laut. Daneben wohnt Kopftuch. Die sind Muslims, aber nur die Frauen, die zu Besuch kommen, tragen Kopftücher. In drei Häusern neben uns wohnen eine Familie, also ein älteres Ehepaar und ihre beiden Töchter mit ihren Männern. Die Oma muss zur Dialyse und kommt gern auf ein Schwätzchen zu uns in den Garten. Sonst ist es nicht üblich, dass man sich besucht. Nur Phüng, Biene, und ihr Mann im Haus schräg gegenüber hatten wir einmal zum Essen bei uns eingeladen. Wir sehen und sprechen uns fast täglich, sie nehmen uns gelegentlich mit dem Auto mit und wir passen auf ihren lieben Hund auf. Sie arbeitet als Fluglotsin und er ist Pilot bei der Marine. Zu ihrer Hochzeit im Armee Club waren wir eingeladen.. Beide sind jung und sehr fleißig und nett.





Zu denen vom „grünen Haus“ haben wir keinen Kontakt. Neben uns ist erst vor kurzem, obwohl die große Hauseinweihungsfeier schon vor langer Zeit war, eine Dame eingezogen mit dem Mädchen, das ein Junge sein will, und dem Jungen, der ein Mädchen sein will. Es gibt da noch eine Bettlägerige, die wir nie gesehen haben. Ein burmesisches Hausmädchen haben sie auch. Und den deutschen Nachbarn besuchen wir manchmal auf ein Bier oder nen Kaffee. Vor 3 Monaten machten wir mit ihnen Urlaub in Chiangmai. Wir haben also nette Nachbarn und Deng redet mit allen, ob Straßenkehrern oder burmesische Arbeiterin, wie sie es von Deutschland gewohnt ist.

Außer dass wir jeden Morgen vor dem Haus unseren Kaffee trinken können und den ganzen Tag barfuss laufen können und es stets zur gleichen Zeit dunkel wird, leben wir nicht viel anders, höchstens schöner, besser und leichter als zuvor in Deutschland. Wir hatten ja viel im Container mitgebracht. Waschmaschine, Küchengeräte, Bilder, Bücher und CDs und so weiter, selbst den Brunnen und die Laternen aus Granit aus unserem Japangarten. Die Zimmer sind alle tapeziert, der Fernseher steht in der Schrankwand und gekocht wird auch oft deutsch. Wir bereuen den Hauskauf nicht. Es war richtig, von hier aus unser neues Leben gestartet zu haben. Naja, Deng ist nicht immer glücklich mit dieser Entscheidung.

Freitag, 2. Oktober 2009

Wo wir leben, Teil 2

Bei der Planung der Auswanderung stand für uns fest, dass wir in Bangkok auf den Namen des Sohnes ein Haus mit Garten kaufen und mit ihm zusammen wohnen. Wir rechneten mit 1,5 Millionen Baht. Es wurden viel mehr, aber das ist es wert. Das Muban umfasst von der Planung her über 1000 Häuser. 70% davon sind bereits erbaut und 2/3 davon sind verkauft. Es ist ruhig, sicher und sauber. Und grün angelegt, wie ein Ressort. Wenn man nach der Einfahrt über die hohe Brücke fährt, die den Klong überspannt, überrascht der Anblick des großen Sees mit Promenaden, Rasen und Palmen. Eine Schar Gipsgänse watschelt am Ufer. Vor dem Verwaltungsgebäude befindet sich der Swimmingpool, in den sich ein breiter Wasserfall ergießt. Dahinter ragt die goldglänzende Chedi des nahen Wat auf. Es gibt Saunen und einen Fitnessraum, Kinderspielplätze und zwei Tennisplätze. Die Straßen sind breit und führen vorbei an Parklandschaften mit weiteren Spielplätzen, Trimmdichpfad, Basketballplatz und zwei kleineren Seen mit Seerosen und Fischen. Wege und Pavillons laden zum Verweilen ein.

Die Bewohner tauschen sich in einem eigenen Internetforum aus und treffen sich am See zu Festlichkeiten, wie Loi Kratong, dem Lichterfest, bei dem abends kleine Schiffchen mit Kerzen in Gewässer gesetzt werden, oder der Neujahrsspeisung der Mönche. Ständig sind Gruppen von Gärtnern und Straßenkehrern unterwegs. Täglich wird unsere Straße gefegt und zweimal wöchentlich ist Müllabfuhr. Die Wächter werden gedrillt und patrouillieren auf Rädern; Schlagstock, Handschellen und Sprechfunk gehören zu ihrer Uniform. Eigentlich ist es schon mehr eine Überwachung wie eine Bewachung. Bevor noch ein Taxi oder ein fremdes Auto am Haus eintrifft, ist der Wächter schon da und gibt laut sprechend Rückmeldung an die Zentrale am Tor. Dort wurde der Ausweis einbehalten und eine abzustempelnde Karte ausgegeben und bei der Ausfahrt wird der Kofferraum kontrolliert. Dennoch haben manche Eigentümer jedes Fenster vergittert. Vielleicht weil sie es so gewohnt sind und sie sitzen auch lieber vor dem Sofa auf dem Boden oder benützen statt der Haustüre den Eingang über die Veranda ins Wohnzimmer. Die kleineren Häuser haben gar keine Haustüre. Vielleicht hat es auch mit Feng Shui zu tun, denn die Haustüre, die Küchentür und der hintere Ausgang sind fast auf einer Linie.

Die Häuser unterscheiden sich nur gering in Größe und Form. Es gibt welche mit 2 Schlafzimmern und 3 Bädern und solche mit 3 Schlafzimmern und solche mit noch mehr. Die Grundstücksgröße ist dabei fast gleich. Die Preise variieren von 3.59 bis 8 Millionen Baht. Alle Grundstücke sind mit Sträuchern und sechs Bäumen bepflanzt und mit Rasen und Bepflasterungen angelegt. Eine Holzschaukel gehört zur Ausstattung. Nach einem Jahr wird das Haus neu gestrichen. Anbauten sind möglich. Aber keiner macht eine Motorradwerkstatt oder Müllsammelstelle auf. Leider steht auch der einzige kleine Laden zum Verkauf. Wir haben die Hausrückseite überdacht und befließt und unser Tor öffnet sich elektrisch. Sehr viele Bewohner arbeiten am Flughafen oder bei einer Bank oder haben außerhalb ein Geschäft. An den mit roten Lämpchen beleuchteten, am Boden stehenden Altären erkennt man, dass viele chinesischer Abstammung sind. Ich weiß noch von einem Engländer und einem Australier, doch Kontakt habe ich nur zu den beiden Deutschen, die für Ihre Freundinnen Häuser gekauft haben. Einer ist nur zeitweise hier, da er in Shanghai arbeitet, und der andere war in Singapur tätig und wohnt nun in der gleichen Straße.

Donnerstag, 1. Oktober 2009

Führerschein und Schlange

Heute habe ich meinen thailändischen Führerschein verlängern lassen. Die Örtlichkeit kannte ich schon vom letzten Besuch, als ich die erste, 1 Jahr gültige Ausweiskarte aufgrund meines internationalen Führerscheins erhielt. In Bangkok selbst Auto fahren will ich nicht. Aber ich kann mich damit als hier wohnhaft ausweisen und zahle die Eintrittspreise für Einheimische. Damals musste ich einen kurzen Reaktionstest machen. Ein ärztliches Attest war diesmal auch wieder erforderlich. Das hatte ein Arzt in unserem Viertel für 40 Baht ausgestellt, nachdem er mich kurz angesehen hatte.

Der neue gilt 5 Jahre plus die Zeit bis zum darauf folgenden Geburtstag. Die Ausstellung kostet 605 Baht und 10 Baht für Kopien und war in wenigen Minuten erledigt, obwohl wir zunächst eine falsche Laufnummer erhielten. Wir bedeutet unser Taxifahrer, Deng und ich. Dadurch dass wir seine Hilfe in Anspruch nahmen, war es für mich noch einfacher, alles los zu lassen und mich ganz ins Leben oder in Gottes Hände fallen zu lassen. Nicht die vielen Menschen, die umher laufen, und nicht die Beamten und nicht unsere Furcht vor ihnen oder vor Schwierigkeiten bestimmen das Leben.


Vorgestern hat eine Schlange versucht, auf unser Grundstück zu gelangen. Es begann schon zu dämmern und gleich zu regnen, als wir durch Autohupen und lautes Rufen der Nachbarin und deren Kinder darauf aufmerksam gemacht wurden. Zunächst hatte ich „nuu“ verstanden, also Maus. Erst meine Frau warnte mich davor, die Haustüre zu öffnen, um nicht die „nguu“, die Schlange, rein zu lassen. Diese befand sich jedoch auf der Straße und ob sie vorhatte, sich bei uns zu verkriechen, oder den halbtoten Jinjok wahrnahm, den ich in einer Abfalltüte entsorgt hatte, nachdem er von Ameisen bei lebendigem Leib drohte gefressen zu werden, ist unklar. Die Nachbarin hatte gleichzeitig, einen Yam, einen Wächter, gerufen. Der stellte seinen Fuß auf die Schlange, packte sie am Kopf und fuhr mit ihr auf seinem Fahrrad davon. Das war nun die 4. Schlange, der wir bei uns begegnet sind.





Dienstag, 29. September 2009

Was ist Erleuchtung?

Einige Tage war ich damit beschäftigt, Fotoalben hochzuladen. Doch nun zum Thema "Erleuchtung".


Erleuchtet bin ich noch nicht. Obwohl, wenn es jemand wäre, würde er dieses wohl nicht von sich behaupten. Aber ich bin an einem Punkt angelangt, wo das nicht mehr von Bedeutung ist. Nach fast einem halben Jahrhundert des Suchens habe ich festen Boden erreicht.

Ich bin dabei viele Wege gegangen. Über meine Erlebnisse in Indien und Japan werde ich hier berichten, sowie über die Gemeinschaften, denen ich mich zugehörig fühlte, und die vielen Bücher, die mir weiterhalfen. Ich habe zum elefantenköpfigen Ganesha gebetet, hatte stets ein Bild von Shiva mit mir geführt, war unter Sikkhs in ihrer Gurdwara und in den Tempeln von Hindus und Buddhisten. Ich habe an keinen Gott geglaubt und an viele Götter, war Hindu, Christ, Buddhist und Taoist.

Ein paar Dinge stellten sich dabei für mich als wichtig heraus. Die Sprache musste einfach sein. Fachbegriffe und Namen aus fremder und alter Literatur kann ich mir nicht merken. Es durfte kein Zwang ausgeübt werden und nichts zu glauben verlangt werden, was dem gesunden Menschenverstand widerspricht. Das eigene Denken und Handeln durfte nicht eingeschränkt sein. Freiheit, zu kommen und zu gehen, musste gegeben sein. An Menschen konnte ich mich nie binden. Ich folgte meinem eigenen, inneren Kompass.

Von manchen Büchern war ich begeistert. Das nehme ich mit auf die einsame Insel, dachte ich, mehr brauche ich nicht. Doch sie dienten mir nur eine Zeit lang. In den Gemeinschaften nannten wir uns Geschwister, Praktizierende, Freunde oder Leser. Ich blieb Jahre oder Monate. Doch irgendwann wurde es allzu menschlich. Die Welt wurde geteilt in Schwarz und Weiß. Wer außerhalb war, gehörte dem Teufel. Dennoch bin ich dankbar, für das, was ich in diesen Gemeinschaften erleben durfte.

Es ging mir auch nicht allein um meine eigene Vervollkommnung. Von Anfang an spürte ich, dass die Menschheit an einem Wendepunkt angekommen ist. Ich hatte einen Weg voraus zu gehen. Und ich wollte einen neuen Weg finden, den auch ein moderner, bequemer Mensch gehen kann, der wenig Zeit hat und von Reizen überflutete wird.

Was soll man nun unter Erleuchtung verstehen? Mit Buddhas Worten: das Ende allen Leidens. Das Ende allen Suchens, die Antwort auf alle Fragen, die Erkenntnis der wahren Natur der Dinge und des wahren Selbst. Die Vereinigung mit Gott im Urgrund der Seele, wie Meister Eckhart es nannte. Sagte nicht Jesus: „Werdet vollkommen, wie Euer Vater im Himmel vollkommen ist!“? Das war mein Ausgangspunkt.

Donnerstag, 24. September 2009

Wie wir leben, Teil 1




Am besten beginne ich mit dem normalen Tagesablauf. Zwischen sieben und halb acht stehe ich gewöhnlich auf. Nichts drängt mich, kein Wecker, kein Termin, keine Arbeit. Meine Frau Deng steht meist um die gleiche Zeit auf. Seit vielen Jahren schlafen wir in getrennten Zimmern. Wir setzen uns auf die Veranda, die zur Straße hinausgeht, und trinken unseren Kaffee. Ich füttere die zahlreichen Minifische in der großen Schale mit Seerosen. Dazu läuft stets die gleiche CD mit Flötenmusik aus dem Norden. Diese halbe Stunde ist uns sehr wichtig. Oft ist da nur schweigende Kommunikation mit den Pflanzen und den Vögeln. Ich achte auf meinen Atem und spüre in die Natur hinein und bekomme meine inneren Impulse. Und wir besprechen die Pläne für den Tag oder was es sonst noch zu klären gibt. Ich habe mir angewöhnt, ihr nicht viele Fragen zu stellen, wenn sie sich z.B. wieder mal über die Familie aufregt. Wenn die Zeit reif, wird sie mir erzählen, was ich wissen muss. Während ich dann frühstücke, räumt Deng die Küche auf. Ich esse bewusst und mit Genuss und bin durch die großen Glastüren mit der Natur verbunden. Dann trinken wir wieder Kaffee auf der Veranda und sie raucht weiter eine Zigarette. Ich habe vor einem Jahr damit aufgehört.

Es ist das ganze Jahr die gleiche Routine. Die Sonne ist lange aufgegangen und das Thermometer zeigt in der Regel um die 29 Grad. Wenn es in der kühlen Jahreszeit mal 24 Grad hat, ziehe ich meine Pantoffeln an und wir duschen mit warmem Wasser. Die Nachbarn sind zur Arbeit, es ist ruhig in der Straße. Nur die Vögel sind laut. Es ist nach acht, wenn meine Frau anfängt, sich um die Pflanzen im Garten zu kümmern und ich nach oben an den PC gehe. Auch hier der gleiche Ablauf: ich schaue nach emails und lese die Nachrichten aus Thailand und Deutschland -die Tagesschau läuft um diese Zeit ruckelfrei und in der Ausgabe der Schwäbischen Zeitung lese ich auch die Stadtnachrichten, den Wetterbericht und die Traueranzeigen- und dann sehe ich mir die neuesten Beiträge im Thailandforum an. Es folgt die Morgentoilette, wobei das Duschen ein meditativer Akt ist. So zwischen halb neun und zehn beginne ich dann mit meiner täglichen Arbeit: ich säubere den Garten von heruntergefallenen Blättern. Alle 3-4 Tage gehen ich Wasser holen. Nein, nicht vom Dorfbrunnen. In der Nähe gibt es einen Automaten, an dem man gefiltertes Wasser abfüllen kann, 1 Liter für 1 Baht. Wir verwenden es zum Kochen und Trinken und Zähne putzen. Das Wasser aus der Leitung behält trotz Filteranlage, die wir nicht haben, einen Beigeschmack.

Wenn ich sonst nichts für meine Gattin zu erledigen habe, z.B. die Waschmaschine füllen oder ihr einen Kaffee bringen, zünde ich ein Räucherstäbchen vor dem Buddha an (das ist ein japanischer und der darf zur Dekoration auf der Veranda stehen, unterhalb Kopfhöhe), setze mich daneben und lese in einem Zenbuch. Dazu lasse ich ruhige Musik laufen und trinke etwas Sake (oder Sato, die billigere Variante) oder kalten Tee aus Zitronengras, den Deng selbst gekocht hat. Dann muss ich nur noch die Zeit bis zum Mittagessen überbrücken. Ich kann einen englischsprachigen Film im TV ansehen oder im Internet surfen. Falls jemand fragt, ob mir nicht langweilig ist: niemals. Langeweile entsteht nur, wenn man den gegenwärtigen Moment nicht annehmen kann, wenn man meint, woanders sei es interessanter. Welch ein Unsinn zu sagen: jetzt habe ich eine halbe Stunde Zeit verloren, weil ich einen Umweg fahren musste oder warten musste! Es ist immer Jetzt, immer Gegenwart. Allerdings kann man sich auch Zeit stehlen lassen, z.B durch zu viel Fernsehen. An Zeit bin ich in Thailand reich. Seit vielen Jahren trage ich keine Uhr und hier kümmert es mich nicht, wo ich um welche Zeit mich aufhalte. Ich lebe jeden Augenblick bewusst und zufrieden. Oft kommt es mir in den Sinn, wie glücklich ich doch bin. Das Leben ist schön.

Nach dem Mittagessen mache ich mein gewohntes Schläfchen. Zuvor ein kurze Meditation auf dem Bettrand. Wenn wir nicht außer Haus gehen, surfe ich im Internet, helfe im Garten, indem ich z.B. den Wasserschlauch ausrolle, mit dem Deng den Garten gründlich gießt, lese, sehe fern oder besuche meinen deutschen Nachbarn. So ein Tag zu hause hat den Vorteil, dass wir Geld sparen. Eigentlich hätte ich mehr zu tun: emails und Briefe schreiben oder die Thaischrift und -sprache lernen. Aber mir geht es wie dem Zenmönch Ryokan, der im Spiel mit den Kindern oder in der Betrachtung der Natur vergaß, was er eigentlich vorhatte.

Um halb sieben wird es dunkel, das ganze Jahr über. Die Strassenbeleuchtung geht an und brennt die ganze Nacht. Ich lese nochmals online die Nachrichten und die Neuigkeiten im Forum. Deng muss ab halb neun ihre Seifenopern sehen und ich muss ihr Gesellschaft leisten und ihr die Beine massieren und die Füsse kratzen. Dabei entspanne ich mich am Notebook, indem ich mir unter Verwendung von Kopfhörern alte Filme oder Komödien im Internet ansehe. Vor elf gehen wir dann zu Bett. Natürlich verlaufen nicht alle Tage so. Dies kann nur ein Abriss sein, ein Einstieg.

Mittwoch, 23. September 2009

Wo wir leben, Teil 1






Ich lebe im Paradies. Damit meine ich nicht das Leben unter Palmen in Thailand. Es hat nichts mit dem Ort zu tun, mehr mit der Zeit. Eigentlich ist es außerhalb der Zeit. Nämlich im gegenwärtigen Augenblick. Doch darüber später. Zuerst zu unserer Behausung in Bangkok.

Wir leben in einer geschlossenen Siedlung, einem Muban (was auch die Bezeichnung für Dorf ist), in der Nähe des Flughafens Suvarnabhumi. Unser Haus ist einen Kilometer vom Eingang des Muban entfernt und von da sind es nochmals 1,5 Kilometer bis zur sechsspurigen Hauptstraße. Dort gibt es alles: Geschäfte, Arztpraxen, ein Krankenhaus und tägliche Märkte. Wenn wir zum Einkaufen gehen, fahren wir entweder mit Pok, Dengs Sohn, oder wir bestellen uns ein Taxi, d.h. wir bitten die Wächter eines zu rufen. Ich habe zwar einen thailändischen Führerschein, ausgestellt durch Umschreiben des internationalen, aber Fahren traue ich mich im Stadtverkehr nicht. Die Führerscheinkarte dient mir jedoch als Ausweis und ich zahle damit Eintrittspreise für Einheimische und nicht für Touristen. Zum Beispiel im Khao Yai Nationalpark nur 40 Baht statt 400.

In der Umgebung gibt es viele Schulen und Hochschulen und so leben hier zahlreiche junge Menschen. Deswegen findet man viele Frisörläden, Internetcafés, Musikkneipen und Shops zum Drucken. Wir gehen auf dem Wochenmarkt oder in den Filialen der großen Handelsketten einkaufen und essen an der Straße von den Garküchen. Oder wir fahren zu den großen Einkaufszentren mit ihren vielen Geschäften, Restaurants und Kinos, also Seacon-Square, Seri-Center, Fashion Island, Mall Bangkapi oder Central Bang Na. Wenn wir zu zweit fahren, benutzen wir manchmal den Bus, aber zurück mit den vielen Tüten und Bierkartons nehmen wir ein Taxi. Von der Hauptstraße bis zum Haus müssten wir eh eines für 50 Baht benützen. Zum Laufen ist es zu heiß und ein Teil der Nebenstraße ist recht eng und die Fahrweise der Motorradtaxis ist uns zu gefährlich.